Was ist SKAN und wie ist SKAN?
Schon nach relativ kurzer Zeit habe ich festgestellt, dass sich mein Körper anders angefühlt hat, deutlicher, intensiver. Nach nunmehr fast fünf Jahren Körpertherapie kann ich sagen, dass ich mich anders bewege, das heißt, ich gehe unverkrampfter und leichter und ich bewege mich auch anders unter Menschen. Ich fühle mich meistens locker, sicher, und fühle die Energie in meinem Körper. Da ist nur noch ganz selten ein Taktieren, dieses: Wie soll ich jetzt wohl sein und was muss „man“ in dieser Situation anziehen und sagen und tun? Ich lasse mich ganz anders bewegen im Kontakt mit Menschen, in meiner Reaktion auf sie und in meinem Sein mit ihnen. Das Wort Resonanz hat sich mit Erleben gefüllt.
Aber der Weg war weit und steinig. Es gab Stunden, in denen ich am liebsten vor Scham in der Matte versunken wäre, ich hatte körperliche Schmerzen, die an die Grenze des Erträglichen gingen, es gab Durststrecken, während derer ich glaubte, es ginge nichts weiter. Und dann ging doch wieder etwas „auf“, plötzlich spürte ich mein Gesicht, ich konnte fühlen, wie sich meine Kiefermuskulatur entspannte, wie der Atem freier floss. Die Angst, mir meine Gefühle anzuschauen, wich dem Mut, sie zu fühlen, ohne etwas machen zu müssen. Ich machte die Erfahrung, dass Gefühle einfach sind und sein dürfen.
Es gab Stunden, in denen ich mit einer mir in ihrer Lautstärke und ihrem Klang völlig fremden Stimme meine Wut herausgeschrieen habe, auf die Matte geschlagen und getrampelt habe und mich anschließend völlig erschöpft, aber ganz weich fühlte.
Es gab Stunden, in denen ich geweint habe wie ein Kind, - in denen das Kind in mir endlich weinen durfte -, in denen alte Schmerzen und alte Verzweiflung endlich ihren Ausdruck finden durften und damit ihre Macht über mich verloren.
Die Arbeit ist sehr unkonventionell, sie erfordert Mut und Vertrauen. Ich fühle mich als Klientin gefordert, aber auch gehalten. Ich habe eine langjährige Psychoanalyse hinter mir, in der ich gelernt habe, mich zu verstehen. Diese Jahre möchte ich nicht missen. In den Jahren der Körpertherapie habe ich gelernt, mich zu fühlen, das heißt, ich bin endlich aus meinem Kopf heraus gekommen und habe meinen Körper kennen gelernt, seine Ausdrucksmöglichkeiten, aber auch seine Taktiken, schwierigen Gefühlen Widerstand zu leisten.
Inzwischen kann ich es ganz klar fühlen, wenn ich „zu gemacht“ habe. Ich habe durchschaut, wo meine Tricks sind, um mich hinter einer Maske zu verstecken. Aber ich habe auch den Mut gefunden, mich auszudehnen, mir Platz zu nehmen und mit offenen Armen auf andere Menschen zuzugehen, wenn ich den Wunsch danach habe. Indem ich gelernt habe, meine persönlichen Grenzen zu fühlen und zu respektieren, bin ich auch im Kontakt mit anderen nur noch sehr selten übergriffig. Meine Sensibililtät für das, was ich jetzt brauche, ist viel feiner geworden und damit auch meine Wahrnehmung der Bedürfnisse anderer.
Natürlich falle ich immer mal wieder zurück in meine alten Muster, aber viel bewusster und viel undramatischer, das heißt ich stürze nicht mehr so tief ab und fange mich schneller wieder. Ich habe den Mut gefunden, einverstanden zu sein damit, wie ich bin, meistens jedenfalls.
Für mich persönlich, die ich aus einer Suchtfamilie komme, ist es am spannendsten, wie sich mein Umgang mit dem, was ich so alles in mich „reingestopft“ habe, in diesen Jahren verändert hat: Nach einem halben Jahr Körperarbeit war ich ohne irgendwelche Programme zur Vegetarierin geworden, ein weiteres Jahr später habe ich auf einmal fest gestellt, dass ich so gut wie keinen Alkohol mehr trinke, weil ich ihn nicht mehr mag und nach zwei Jahren habe ich von einem Tag auf den anderen aufgehört zu rauchen. Es war für mich auf einmal fühlbar geworden, was ich mag und was ich brauche und was nicht. Nur mit dem anfallsweisen Essen von Süßigkeiten in großen Mengen hat es länger gedauert und da musste und muss ich kämpfen. Das ist halt auch ein sehr altes Muster, das Zeit braucht, um aufgelöst zu werden.
Das Thema Selbstachtung - für mich ein ganz neues Feld - ist in mein Bewusstsein gekommen. Unter diesem Aspekt treffe ich inzwischen viele meiner Entscheidungen.
Es gibt Menschen in meinem Umfeld, die die Veränderung, die in den letzten Jahren mit mir passiert ist, wahrnehmen. Immer wieder höre ich, meine Ausstrahlung habe sich völlig verändert, ich sei offener und lebendiger geworden.
Wenigen Menschen erzähle ich von dem, was da auf der Matte passiert, und ich mache immer wieder die Erfahrung, dass es schwer ist, diese Arbeit und ihr Wirken zu erklären.
(Lehrerin, 54)