Was ist Skan?
Skan ist eine Methode der Körperpsychotherapie. Sie hat ihren Ursprung in der Vegetotherapie Wilhelm Reichs (Arzt, Psychoanalytiker und Naturphilosoph, 1897-1957), der schon früh den Zusammenhang zwischen psychischen und bioenergetischen Vorgängen im Organismus erkannte. Im Anschluss an die frühen Forschungen seines Lehrers Sigmund Freud untersuchte Reich, wie sich seelische Spannungen und Blockaden im Körper manifestieren. Er fand heraus, dass sie dort zu Funktionsstörungen oder sogar Krankheiten führen können. Deshalb entwickelte er eine Therapieform, die den Körper weitaus stärker in die therapeutische Arbeit einbezog als die klassische Psychoanalyse.
Wilhelm Reichs Arbeit hat die modernen Therapiekonzepte und auch Skan inspiriert, die den körperlichen Dimensionen von Erfahrung einen hohen Stellenwert einräumen. In die Skan-Arbeit sind außerdem Ideen aus dem Umfeld der so genannten „humanistischen Psychologie“ eingegangen. Sie beruhen auf der Grundannahme, dass jeder Mensch von Natur aus ein gesundes, friedliches und liebevolles Wesen ist, das den Kontakt zu anderen Menschen sucht und in seiner ganzen seelisch-körperlichen Bandbreite erleben kann. Das bestätigt auch die neurobiologische Erforschung des Gehirns. Der Psychotherapeut Joachim Bauer (Prinzip Menschlichkeit, 2006) beispielsweise beschreibt es als ein Hauptanliegen jedes Menschen, zwischenmenschliche Anerkennung, Zuwendung oder Zuneigung zu finden.
Kann sich diese natürliche Anlage frei entfalten, so erleben wir uns im Einklang mit uns selbst und mit anderen Menschen. Wir fühlen uns als gesunde, friedvolle und liebende soziale Wesen, durchströmt von lebendiger Kraft, von einer frei fließenden Lebensenergie. Wenn jedoch dieses existentielle Bedürfnis nach einem geborgenen, friedlichen und liebevollen Miteinander oft schon früh gestört wird oder dauerhaft unerfüllt bleibt, dann wird der freie Energiefluss im Körper blockiert. Im alltäglichen Dasein erfahren wir das als spürbare Einschränkung von Empfindsamkeit, Beziehungsfähigkeit und Lebensfreude. Oder die Ausbildung von körperlichen Beschwerden und Krankheitsbildern ist die Folge, für die wir manchmal auch nach eingehender medizinischer Untersuchung keine Erklärung finden.
Die Ursachen dafür können lange zurückliegen. Es können schwierige Beziehungserfahrungen im engsten familiären Umfeld gewesen sein, wo eigentlich liebevolle Nähe, Wärme und Zuverlässigkeit eine notwendige Voraussetzung für eine gesunde Entwicklung sind - insbesondere für Babys und Kleinkinder. Diese sind unbedingt auf adäquate Unterstützung und emotionale Geborgenheit angewiesen. Fehlt diese oder werden statt dessen sogar Verletzungen der psychischen Integrität oder der körperlichen Gesundheit erfahren, die nicht bewältigt werden können, müssen diese aus dem Bewusstsein verdrängt werden. Es kommt infolge der Traumatisierung zu Abspaltungen, was bedeutet, dass ein Übermaß an seelischen und körperlichen Schmerzen ausgeblendet wird. Um das zu bewältigen, entsteht z.B. die Gewohnheit, dauerhaft flach zu atmen und die Muskulatur in einer Grundanspannung zu halten, so dass die eigenen Körpergefühle weniger wahrnehmbar sind. Die Einschränkung oder der Verlust spontaner Lebendigkeit, tiefer Empfindungsfähigkeit oder auch körperlicher Beweglichkeit sind die Folge.
Körperliche und seelische Spannungen wirken unmittelbar zusammen. Der dauerhaft reduzierte Energiefluss im Organismus bewirkt auf der mentalen und psychischen Ebene, dass man sich abgetrennt von den eigenen Bedürfnissen fühlt. Ein eingeschränktes Selbst- und Selbstwertgefühl sowie eine angepasste Halbherzigkeit führen dann oftmals zu unerfüllten, frustrierenden Kontakten mit anderen Menschen, ohne dass wir eigentlich wissen, warum.
So wie auf der körperlichen Ebene durch unlebendige, reduzierte Atmung wurden auf der psychischen Ebene zur Bewältigung der traumatisierenden Erfahrungen Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster gelernt, die die Abspaltung der überfordernden Kindheitserfahrungen aufrecht erhalten. Selbst wenn in der Gegenwart die damals sinnvolle und notwendige Schutzfunktion überholt ist, kann nur die Bewußtwerdung und Aufarbeitung zu einer Ablösung und Integration dieser Persönlichkeitsanteile führen.
In der SKAN-Körperpsychotherapie können die zur Gewohnheit gewordenen Haltungen und Reaktionsmuster ganz bewusst erlebt werden. Es geht nicht darum, sie als Störungen abzulehnen, sondern sie wertungsfrei als die Schutzmechanismen zur Traumabewältigung zu erfahren, die sie für uns einmal waren oder immer noch sind. So wird es möglich, die darin gehaltenen oder gespeicherten Emotionen wieder spürbar zu machen und sie nach und nach ohne Angst vor Verletzung zu erlauben. Angst, Scham, Wut, Trauer, Freude können so oft nach langer Zeit erstmals wieder zugelassen und deutlich ausgedrückt werden.
Heilsam wirkt, mit den eigenen Gefühlen vorbehaltlos willkommen und gehalten zu sein - genau an den Stellen, wo die frühen seelischen Verletzungen körperlich spürbare Ohnmacht, Schmerz und Resignation erzeugt haben. In einem wertschätzenden Rahmen dürfen unbewusste, mehr oder weniger lange verdrängte und problematische Inhalte von traumatischen Erfahrungen Ihren körperlichen und sprachlichen Ausdruck finden. Das kann zu einer positiven Erweiterung der Selbstwahrnehmung führen. Im günstigen Fall werden dann diese neuen, das Leben bereichernden Sicht- und Verhaltensweisen auch im Alltag gewagt und nach und nach als Alternative zu den unbefriedigenden alten Mustern etabliert.
Die grössten Möglichkeiten zur Veränderung für unser Fühlen und Verhalten werden aus neurobiologischer Sicht intensiven körperlichen Erfahrungen und den damit unmittelbar verknüpften mentalen Einsichten zugeschrieben. Darauf basiert unser körperpsychotherapeutisches Angebot in Form von Einzelsitzungen und Gruppentherapie.